Praktische Philosophie
Aufgaben und Ziele des Faches
Ziel des Faches Praktische Philosophie ist der Beitrag zum Bildungsauftrag der Schule, der die persönliche, soziale und politische Bildung der Schülerinnen und Schüler umfasst. (vgl. KLP Praktische Philosophie 2008, S. 9) „Das Fach fördert die Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit zu sozialer Verantwortung, zur Gestaltung einer demokratischen Gesellschaft, zur Orientierung an Grundwerten, zur kulturellen Mitgestaltung sowie zu verantwortlicher Tätigkeit in der Berufs- und Arbeitswelt.
Unsere Gesellschaft ist gekennzeichnet durch eine Pluralisierung der Lebensformen, der sozialen Beziehungen und der Wertvorstellungen sowie durch das Zusammenleben von Menschen verschiedener Ethnien und Kulturen mit unterschiedlichen religiösen Vorstellungen und Weltanschauungen. Unübersichtlichkeiten in der Berufs- und Freizeitwelt erschweren die Besinnung auf zentrale Lebenswerte und eine Auseinandersetzung damit.
Zentrales Anliegen des Faches ist es, zur Entwicklung von Kompetenzen bei Schülerinnen und Schülern beizutragen, die sie befähigen, die Wirklichkeit differenziert wahrzunehmen und sich systematisch mit Sinn- und Wertefragen auseinanderzusetzen, sie bei der Suche nach Antworten auf die Frage nach dem Sinn menschlicher Existenz anzuwenden und in einer demokratischen Gesellschaft selbstbestimmt, verantwortungsbewusst und tolerant zu leben. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln dazu Empathiefähigkeit und gelangen zu einem Wert- und Selbstbewusstsein, das verantwortliches Handeln begründet. Im Unterricht sollen durch die Auseinandersetzung mit verschiedenen Ideen, Wertvorstellungen und Normen Kriterien für deren Beurteilung erarbeitet und die eigene Reflexions- und Urteilsfähigkeit gefördert werden. Das Verständnis für weltanschauliche, religiöse und ideengeschichtliche Positionen ist Grundlage für interkulturelle und intrakulturelle Toleranz und ermöglicht kognitive, emotionale und soziale Orientierungen.
Das Fach Praktische Philosophie ist auf die zusammenhängende Behandlung von Sinn- und Wertefragen gerichtet. Während dies im Religionsunterricht auf der Grundlage eines bestimmten Bekenntnisses geschieht, übernimmt Praktische Philosophie diese Aufgabe auf der Grundlage einer argumentativ-diskursiven Reflexion im Sinne einer sittlich-moralischen Orientierung ohne eine exklusive Bindung an eine bestimmte Religion oder Weltanschauung. Bezugspunkt für die Ausrichtung des Faches ist die Werteordnung, wie sie in der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und in den Menschenrechten verankert ist.
Der Unterricht bietet, ausgehend von den Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler, Sachinformationen, Instrumente und Verfahren an, Erfahrungen und Handlungen zu überprüfen, zu beurteilen und möglicherweise zu ändern. Dabei stehen das begründete Argument und das begründete Argumentieren im Mittelpunkt. […] Mit den Meinungen, Welt- und Wert- orientierungen Anderer ist respektvoll umzugehen; das „Überwältigungsverbot“ ist einzuhalten.
Als Grundlagen der eigenen Entscheidungen und Handlungen werden nicht nur erfahrungsgeleitetes und logisches Denken und das Abwägen von Konsequenzen sondern auch der unabweisbare Einfluss von Bedürfnissen, sozialen und kulturellen Bedingtheiten und bewussten wie unbewussten Emotionen bedacht. Der Unterricht entspricht dem neueren Verständnis des Zusammenwirkens von kognitiven und emotiven Prozessen, indem er emotionale Grundlagen und Zugänge für die Urteils- und Entscheidungsprozesse der Schülerinnen und Schüler bewusst macht und nutzt. Emotionen und Gefühle sind dabei nicht nur auf Lerngegenstände bezogen, sondern auch auf Lernkontexte. Daher müssen Unterricht und Schulleben als Erfahrungs- und Handlungsräume einbezogen werden.
Der angemessene Einbezug von Emotionen und die Entwicklung von Empathiefähigkeit gelingen nur vor dem Hintergrund des Wissens um die Denkvoraussetzungen und Überzeugungen anderer Menschen. Deshalb ist für die Urteilsbildung der Rückbezug auf Sachinformationen und kognitive Prozesse wichtig.
Der Unterricht im Fach Praktische Philosophie vermittelt dafür das methodische Instrumentarium, die erforderlichen Kenntnisse, Strategien und Arbeitstechniken. Er orientiert sich am sokratischen Methodenparadigma eines dialogischen Philosophierens und berücksichtigt dabei phänomenologische, hermeneutische, analytische, dialektische und spekulative Zugänge.“ (KLP Praktische Philosophie 2008, S. 9-10).
Leistungsbewertung
Auf der Grundlage von dem Schulgesetz § 48 SchulG und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Sekundarstufe I § 6 APO-SI beschließt die Fachkonferenz die nachfolgenden Grundsätze zur Leistungsbewertung und Leistungsrückmeldung:
Die Leistungsbewertung im Fach Praktische Philosophie in der Sekundarstufe I erfolgt im Bereich der Sonstigen Mitarbeit, da weder Klassenarbeiten noch Lernstandserhebungen vorgesehen sind. Im Bereich der Sonstigen Mitarbeit finden sowohl mündliche als auch schriftliche Formen der Leistungsüberprüfung statt. Die Leistungsbewertung bezieht sich auf die im Unterricht erworbenen Kompetenzen. Die Anschlussfähigkeit für die Überprüfungsformen der gymnasialen Oberstufe ist dennoch durch eine Vorbereitung in der Sekundarstufe I gewährleistet.
Zu den „Sonstigen Leistungen im Unterricht“ (Kernlehrplan, S.35) gehören
- 50% mündliche Beiträge zum Unterricht (z.B. Beteiligung an Unterrichtsgesprächen, Kurzreferate),
- 30% schriftliche Beiträge zum Unterricht (z.B. Bearbeitung schriftlicher Aufgaben im Unterricht, Plakate), kurze schriftliche Überprüfungen,
- 10% Beiträge im Rahmen eigenverantwortlichen, schüleraktiven Handelns (z.B. Rollenspiele, Recherche, Mitarbeit bei kooperativen Arbeitsformen),
- 10% Heft- / Mappenführung (z.B. Vollständigkeit, Sauberkeit).
Folgende fachspezifische Kriterien sind relevant für das Fach Praktische Philosophie:
- die Fähigkeit, sich in andere Sicht- bzw. Erlebnisweisen hineinzuversetzen, diese differenziert und intensiv widerzuspiegeln,
- die Fähigkeit zur diskursiven Auseinandersetzung in verschiedenen Sozialformen des Unterrichts; dazu gehört insbesondere, Anderen zuzuhören und auf deren Beiträge respektvoll und sachorientiert einzugehen,
- die kritische und methodenbewusste Auseinandersetzung mit Problemstellungen mit dem Ziel selbstständiger Urteilsbildung,
- die Dichte, Komplexität und Schlüssigkeit von Argumentationen,
- die Berücksichtigung der Fachsprache in schriftlichen und mündlichen Beiträgen,
- die Qualität der Gestaltung von praktischen Arbeiten (zum Beispiel Collagen, Plakaten, Rollenspielen).
Lehr- und Lernmittel
Das Lehrwerk „fairplay“ wird in allen Doppeljahrgangsstufen als Lehrwerk genutzt. Darüber hinaus werden weitere Materialien nach individuellem Bedarf und Ermessen sowie ggf. aktuelle Materialien einbezogen und auch andere Medien wie z.B. themenbezogene Filmausschnitte.
Grundsätze fachmethodischen und didaktischen Arbeitens
- Fachmethoden, philosophische oder allgemeine Fachbegriffe werden den Schülerinnen und Schülern alters- und situationsbedingt angemessen vermittelt. Sie sind an weltoffene Fachinhalte gebunden und unterscheiden sich damit von Übungen, die nur als Methodentraining mit beliebigen Inhalten konzipiert sind.
- Der Unterricht fördert insbesondere vernetzendes Denken und muss deshalb phasenweise fächerübergreifend ggf. auch projektartig angelegt sein.
- Der Unterricht ist schülerorientiert und knüpft an die Interessen und Erfahrungen der Adressaten an.
- Der Praktische Philosophieunterricht nimmt die Vielfalt religiöser und nicht religiöser Anschauungen und Standpunkte auf und stellt diese zur Urteilsbildung zur Hilfe.
- Der Praktische Philosophieunterricht ist anschaulich sowie in besonderer Weise gegenwarts- und zukunftsorientiert und gewinnt dadurch für die Schülerinnen und Schüler an Bedeutsamkeit.
Didaktisch kann man das Konzept des Faches Praktische Philosophie in drei Perspektiven einteilen:
- Personale Perspektive (z.B. Alltagserfahrungen, Lebenssituation, …)
- Gesellschaftliche Perspektive (gesellschaftliche Wertvorstellungen und -konflikte)
- Ideengeschichtliche Perspektive (Leitvorstellungen, Theorien aus der Philosophie oder anderen Wissenschaften).
Einsatz außerschulischer Lernorte
In der Stadt Rietberg gibt es eine Reihe außerschulischer Lernorte, die für den Praktische Philosophieunterricht genutzt werden können. Die folgende Tabelle gibt einen aktuellen Überblick zum jeweiligen Lernort, Thema und Ansprechpartner.
Lernort |
Thema |
Ansprechpartner |
Jüdischer Friedhof |
Jg. 10 Fragenkreis 7: Die Frage nach Ursprung, Zukunft und Sinn
Jg. 9 Fragenkreis 7: Die Frage nach Ursprung, Zukunft und Sinn Thema: „Gottes- und Menschenbilder in Religionen (Christentum, Islam, Jesidentum) und im Atheismus“ |
Neuenkirchen |
Städtischer Friedhof |
Jg. 9 Fragenkreis 7: Die Frage nach Ursprung, Zukunft und Sinn |
Rietberg |
Bauernhof |
Jg. 9 Fragenkreis 5: Die Frage nach Natur, Kultur und Technik Thema: „Umwelt/ Ökologie vs. Ökonomie“ |
individuell
|
Phänomenia in Essen |
Jg. 7 Thema: „Technik! Ein Fortschritt? – Nutzen und Risiko“ |
Am Handwerkerpark 8 |
Tierheim Gütersloh |
Jg. 7 Fragenkreis 5: Die Frage nach Natur, Kultur und Technik Thema: Mensch als kulturelles Wesen auch im Bereich der angewandten Ethik Thema: „Lust und Pflicht“
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Tierschutzverein Gütersloh
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Hospiz- und Palliativ-Verein Gütersloh e.V. |
Jg. 10 Fragenkreis 7: Die Frage nach Ursprung, Zukunft und Sinn Thema: „Sterben und Tod“ |
Hospiz- und Palliativ-Verein Telefon: 05241 7089022 |
Moschee, Synagoge und andere Gotteshäuser |
Jg. 9 Fragenkreis 7: Die Frage nach Ursprung, Zukunft und Sinn
Thema: „Gottes- und Menschenbilder in Religionen (Christentum, Islam, Jesidentum) und im Atheismus“ |
individuell |
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